ADHS & Selbstwert
- Claudia

- 30. Sept.
- 2 Min. Lesezeit

Kennt ihr das?
Als Kind hast du ein unerschütterliches Selbstbewusstsein. Du kratzt dich öffentlich am Po, dir ist völlig egal, welche Klamotten du trägst und das Chaos im Kinderzimmer siehst du noch nicht einmal, trotz der heftigen Intervention der Eltern.
Was passiert also mit diesem Selbstbewusstsein im Laufe unseres Lebens?
Auf einmal sind wir Erwachsen und voller Selbstzweifel. Sitzen meine Haare richtig? Liegt auch ja kein Krümel auf dem Fußboden, bin ich passend gekleidet und jeder Kommentar, der als Kind mit einer kessen Antwort bedacht wurde, reißt jetzt tiefe Wunden.
Wie kommt das? Wann passiert das?
Gerade ADHSler erfahren im Laufe ihres Lebens sehr viel Kritik, meist nicht konstruktiv, sondern bewertend und sogar abwertend. Du bist zu laut, zu unordentlich, zu lieb, zu empathisch, zu wild, zu gefühlsbetont, zu dünnhäutig, zu zappelig, zu fordernd, zu klein, zu groß, zu dick, zu dünn, zu jung, zu alt, zu dumm, zu faul, zu schnell.
Ich könnte diese Liste ewig fortsetzen. Gerade solche verletzenden Worte werden häufig von unserem engsten Umfeld, also von Familienmitgliedern, Freunden, Lehrern und Erziehern formuliert, wenn sie sich überfordert fühlen, nicht mehr weiterwissen und der Frust verbal abgelassen wird.
Doch zum richtigen Problem werden solche und ähnliche Äußerungen erst im Erwachsenenalter. Sind wir also in der Kindheit resilienter? Oder liegt es vielleicht daran, dass wir zu diesem Zeitpunkt in der Kindheit noch daheim wohnen und dieser äußere Rahmen, diese Struktur uns Halt und Selbstvertrauen gibt? Oder spielt hier im Laufe der Zeit das sinnbildlich volllaufende Fass eine Rolle?
Wahrscheinlich ist es vielmehr so, dass unser Gehirn auch darauf Schlüssel und Antwort ist. Unser Gehirn, und gerade die Frontallappen, die für die Steuerung der exekutiven Aufmerksamkeit verantwortlich sind, sowie die Reaktion auf Eindrücke und Emotionen regulieren, sind die letzte Hirnregion, die sich ausbildet. Diese Entwicklung ist erst mit 20 bis 25 Jahren abgeschlossen. Genau in diesem Alter prallen verbale Äußerungen und Verletzungen nicht mehr so einfach von uns ab. Wir fangen an, uns, unseren Kleidungsstil und überhaupt alles zu hinterfragen.
Bei ADHSlern kommt hinzu, dass genau diese Frontallappen, die für emotionale Regulation zuständig sind, durch ständigen Stress, Dopaminmangel und eine geringere Durchblutung einzelner Hirnregionen, gar nicht angefunkt werden, sondern das altertümliche Reptiliengehirn die Steuerung übernimmt. Dieses Reptiliengehirn hat nur 3 Möglichkeiten: Kampf, was sich in aggressiven Entgegnungen oder Handgreiflichkeiten äußern kann, Flucht, wir wenden uns nicht nur ab, sondern meiden denjenigen, der uns vermeintlich bloßstellt oder kündigen gleich den Job, und Erstarren, und das ist die schlimmste Möglichkeit, wir halten alles aus, sitzen alles aus und gehen innerlich kaputt.
Was können wir also tun, um unseren Selbstwert, unser Selbstbewusstsein aufrecht zu erhalten?
Zum einen ist das Wissen um diese Vorgänge hilfreich. Durch Reflexion und Übung, erst in weniger stressigen Situationen und mit der Zeit auch in anspruchsvollen Stressmomenten, kann man sich und sein Nervensystem beruhigen. Hier kann ein Coach zusätzlich unterstützen, indem aktiv am Selbstwert gearbeitet wird, Wissen zu vermitteln und, um aufzuzeigen welche weiteren Möglichkeiten bestehen.
Zum anderen können Achtsamkeitsübungen, Yoga und regelmäßige Meditation Abhilfe schaffen. Auch Gespräche mit objektiven Vertrauenspersonen können sehr hilfreich sein.
Du bist gut! Lass dir nichts anderes einreden!
Deine Claudia




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